Richard Wannenmacher, der Thurgauer Landschaftsmaler

Kunstmaler Richard Wannenmacher gelebt von 1923 bis 1995

Der Eschlikoner Künstler Richard Wannenmacher hat ein umfangreiches Werk hinterlassen. Seine Oel-, Zementbilder und Skulpturen zieren manch öffentlichen und privaten Raum. Es ist eine einzigartige Dokumentation der Ostschweizer Kulturlandschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Richard Wannenmacher erblickte am 23. Juli 1923 in Wettingen das Licht der Welt. „Zeichnen war schon während der Schulzeit sein Lieblingsfach und die wichtigste Freizeitbeschäftigung“ schreibt er in seinem Buch „Querschnitt durch meine Malerei“, erschienen 1996, kurz nach seinem Tode. Während eines Sanatoriumaufenthaltes in der sechsten Klasse wurden die Fähigkeiten des jungen Talentes von einem malenden Arzt und einem Grafiker entdeckt und gefördert. Nach Abschluss der Schulzeit zog er mit seinen Eltern aus dem Aargau auf einen kleinen Bauernhof in der Schönau bei Oberwangen. Die neue Umgebung regte ihn an, häufiger zu malen, die ersten Jahre als Autodidakt, ganz unbefangen und frei von existenziellen Zwängen. In freundschaftlichen Begegnungen mit den Kunstmalern Hermann Peter und Adolf Dietrich verbesserte er seine Maltechnik, obwohl diese nicht so malten, wie es Richard Wannenmacher vorschwebte.

Elternhaus in Wettingen Oelbild von Richard Wannenmacher 1942 22x18cm
Elterlicher Hof in der Schönau bei Oberwangen Oelbild von Richard Wannenmacher 1943 37x23cm

 Vom Gärtner und Metallarbeiter zum Kunstmaler

Der grosse Wunsch des jungen Künstlers, den Beruf eines Gartenbauers zu erlernen, konnte wegen Ausbruchs des zweiten Weltkrieges nicht verwirklicht werden. Trotzdem fand er Arbeit in einer Gartenbaufirma und konnte sein handwerkliches Geschick in der Anlage von schönen Gartenanlagen pflegen. Das Interesse an der Natur war die Triebfeder, um die Landschaften des Hinterthurgaus zu erkunden, und was lag näher, als die eindrucksvollen Erlebnisse mit Bleistift, Pinsel und Feder festzuhalten. 1953 heirateten Richard Wannenmacher und Hanny Bosshart. Zusammen bauten sie 1956 am Dorfausgang von Eschlikon ein neues Zuhause auf. Drei Kinder entsprossen der glücklichen Ehe. Noch immer war die Malerei ein intensiv gepflegtes Hobby. Der Erlös aus dem Bilderverkauf reichte noch nicht aus, die junge Familie zu ernähren. Nach zehn Jahren Broterwerb im Gartenbau fand Richard Wannenmacher eine Anstellung in der Stanzerei der Firma Spring. Inzwischen war der Freizeitmaler bereits über die Grenzen des Hinterthurgaus hinaus bekannt, die Malerei beschäftige ihn so stark, dass der Haupterwerb zum Nebenerwerb und die Malerei zum Haupterwerb wurde. 1965 wurde er dann auch in die Thurgauer Künstlergruppe aufgenommen und der immer grösser werdende Bekanntheitsgrad erlaubte es ihm ab dem Jahre 1968, als freischaffender Künstler ohne Nebenerwerb zu leben. Bescheiden, wie er sein Leben lang blieb, meinte er einmal: „Ich hätte nie gedacht, dass ich es einmal schaffen würde, von meiner Kunst zu leben". Mit seinem Auge für die Naturschönheiten unserer Heimat und seinem Geschick, das Gesehene auf Papier oder Leinwand festzuhalten, ist es ihm gelungen, ein breites Publikum anzusprechen und für seine Bilder zu begeistern.  
Richard Wannenmachers Wohnhaus an der Sirnacherstrasse 7 Eschlikon Oelbild 1959 45x37cm
Richard Wannenmacher beim Malen einer Winterlandschaft

Der Thurgauer Schneemaler und seine Zementbilder

Richard Wannenmacher entwickelte seinen Stil vom Naturalisten und Romantiker der frühen Schaffensperiode zum Kunstmaler mit einer ganz persönlichen Ausdrucksweise. Von Fachleuten wurde er nicht selten den Impressionisten zugeordnet. In der Ölmalerei schaffte sich der Künstler durch die eindrücklichen Schneebilder den Spitznamen „Thurgauer Schneemaler“. Immer im Spätwinter war es fast unmöglich den Künstler zu Hause anzutreffen, denn die Zeit der Schneeschmelze faszinierte ihn jedes Jahr aufs Neue und trieb ihn hinaus, den Wechsel der Jahreszeiten zu erfahren und wiederzugeben. Die vielfältigen Formen der zurückweichenden Schneereste sind in seinen Winter-Landschaftsbildern und Häusergruppen ein tragendes Element. Zementbilder sind eine Exklusivität von Richard Wannenmacher. Beim Experimentieren mit Zement in den Grundfarben kam er auf die Idee, damit Bilder zu spachteln. 1965 hat er damit angefangen und nach und nach, mit zunehmender Fertigkeit, wurden die Bilder immer feinstrukturierter und farblich nuancenreicher. In den letzten Jahren seines Schaffens gelang ihm mit dieser Technik sogar die Darstellung von Menschen- und Tiergruppen.  

An der Murg bei Dussnang Oelbild von Richard Wannenmacher 1981 60x50cm Nr.1328
Winter in Volketswil Zementbild von Richard Wannenmacher 1977 63x50cm Nr.1260

Geschichtliche Dokumentation

Bereits heute hat das Werk von Richard Wannenmacher auch dokumentarischen Wert erlangt. Manch ein Gemälde hält eine Landschaft fest, bevor sie verbaut, zeigt ein altes Haus, bevor es abgerissen und durch ein neues, vermeintlich schöneres Gebäude ersetzt worden ist. Richard Wannenmacher hatte geradezu ein „Gspüri“ dafür, idyllische alte Dorfteile noch schnell mit einem Gemälde für die Nachwelt festzuhalten, bevor diese einer modernen Neugestaltung Platz machen mussten.
Bis wenige Wochen vor seinem Tod am 2. Oktober 1995 hat Richard Wannenmacher an seinem Lebenswerk weitergearbeitet, hat experimentiert, neue Techniken erprobt und perfektioniert. Nie hat er mit dem Gedanken gespielt, sich zur Ruhe zu setzen. Sein umfangreiches Lebenswerk ist gezeichnet von Erfolgen im In- und Ausland. Die erstaunliche Aussagekraft der Wannenmacherbilder wird auch in Zukunft viele Menschen erfreuen und faszinieren.